529_Verdachtsmomente
Der eine oder andere Finanzminister hat sich in der Vergangenheit gefragt, wie der Herr Präsident Trump wohl seine vielen Wahlversprechen einzulösen gedenkt. Alleine die ominöse Mauer zwischen seinem Land und Mexiko soll nach Berechnungen der amerikanischen Heimatschutzbehörde an die 22 Milliarden Dollar kosten. Für Trump völlig unverständlich möchte sich Mexiko daran gar nicht beteiligen. Es schien deshalb so, als könne sich Donald Trump den Luxus einer ungebremst rassistischen Politik überhaupt nicht leisten.
In Wahrheit ist er jedoch offenbar schon vor Wochen zu einer Lösung gekommen, die mit Blick auf sein Ego ebenso plausibel wie ertragreich anmutet: Erpressung im ganz großen Stil. Dieser Verdacht drängt sich auf, wenn man die Nachrichten der letzten Tage verfolgt. Da war nämlich zu lesen, dass der so genannte Hillary-Step verschwunden ist. Dabei handelt es sich um eine flotte Felsformation, die bis vor kurzem noch in der Nähe des Gipfels auf dem Mount Everest herumstand und von den hochkrabbelnden Touristen mühevoll überwunden werden musste. Und nun ist er futsch. Nach Millionen von Jahren. Scheinbar ein Mysterium.
Dabei ist die Lösung einfach: Der Hillary-Step war Donald Trump schon lange ein felsiger Dorn im Auge, selbst nachdem seine Berater ihm anhand von Comics erklärt haben, dass der Hillary-Step nicht nach Frau Clinton, sondern nach Herrn Hillary benannt wurde. Dies war Trump naturgemäß egal und er befahl den Abriss der leider unpraktisch hoch gelegenen Felsstufe. Sie wurde trotzdem in nur einer Märznacht von Trumps Baufirma abgebrochen, zu Tal geschleppt und lagert nun gutbewacht auf dem Zollgelände von Fort Lauderdale. Der amerikanische Präsident schickte der chinesischen Regierung ein Fax mit einem Foto des zwischen deutschen Autos und Drogenpäckchen deplatziert wirkenden Felsens und teilte mit, man werde den langweiligen Steinhaufen nur gegen die Zahlung einer Lösegeldsumme wieder herausrücken. Wenn man nicht bleche, werde der Hillary-Step von amerikanischen Rekruten zu feinem Kies zerrieben und auf der Einfahrt vom Weißen Haus verstreut. Die geforderte Summe betrug übrigens zufällig genau 22 Milliarden Dollar.
Nun ist die chinesische Regierung aber auch nicht blöd. Zunächst einmal schickte sie einen Trupp auf den Berg, um zu überprüfen, ob der Hillary-Step überhaupt weg war. Die diesbezügliche Nachricht des Gruppenführers Tschang erreichte den chinesischen Regierungschef Li Keqiang am 22. März und lautete: „Heiligel Bimbam, Hell Genosse, del Felsen ist velschwunden!“
Seitdem versuchten die Chinesen auf allen Ebenen, den Konflikt beizulegen. Zum Beispiel schenkten sie ihrem nordkoreanischen Nachbar-Diktator Kim Jong-Un zwei Dutzend Videorekorder sowie einen Karton mit ostdeutschen Pornokassetten, damit er den Vereinigten Staaten von Amerika mit einem Atomschlag drohe, was er auch tat. Dann verkündete die chinesische Regierung, den Bau einer neuen Seidenstraße voranzutreiben, um Amerika im Welthandel zu schwächen. Und schließlich versuchte der Geheimdienst der Chinesen, den Amerikanern einen Deal anzubieten und ihrerseits Michael Moore, Alec Baldwin sowie James Comey verschwinden zu lassen, wenn Trump dafür den Berg zurückgebe.
Obwohl dieses Angebot verlockend erschien, lehnte Trump ab, weil er nun einmal dringend Geld benötigt. Um Moore, Baldwin und Comey will er sich später kümmern. Die monetären Verhandlungen waren in der vergangenen Woche schließlich weit gediehen, doch dann fiel den Chinesen ein, dass sie den komischen Felsen im Grunde gar nicht gebrauchen können. Die Besteigung des Mount Everest fällt ohne den doofen Hillary-Step viel leichter, das lockt Touristen und bringt Devisen. Außerdem mögen sie die Vorstellung, dass man zukünftig über ein Stück chinesisches Staatsgebiet muss, wenn man zum Eingang des Weißen Hauses möchte. Also brachen die chinesischen Unterhändler die Gespräche ab und veröffentlichten eine um die ganze Welt gehende Pressemitteilung, derzufolge ein Erdbeben den Hillary Step bereits vor zwei Jahren abgetragen habe. Und Trump braucht immer noch Kohle. Die Regierungen der Welt sind gut beraten, ihre Denkmäler und Naturwunder zu beschützen.