Mein Leben als Mensch — 04.09.2017

543_Im Ring mit dem Bundesbären

Verschiedentlich wird die Langeweile des Wahlkampfes kritisiert. Die Kanzlerin strahlt ja gerade eine bedingungslose Gemütlichkeit aus. Wenn sie die Nähe des Wählers sucht, erinnert sie mich ein bisschen an den Bären aus der Kondensmilchwerbung. Wobei: Eigentlich sollten wir dankbar sein, dass der Bundestagswahlkampf so unaufregend daherkommt. In den USA sieht man gerade, was man hinterher davon hat, wenn es vor der Wahl turbulent zugeht. Da möchte man doch lieber von der Bundeskanzlerin in den Schlaf geschaukelt werden
Für die latente Langeweile trägt sie aber nicht alleine die Verantwortung, sondern mindestens im selben Maße der zukünftige Entwicklungshilfeminister Schulz, der sich so erfolglos an ihr abarbeitet wie ein Praktikant am Döner-Spieß. Und auch die anderen Parteien haben eher mattes Personal in den Stimmenkampf entsendet. Es beeinflusst die Wahlentscheidung nicht mehr, sondern bekräftigt diese eigentlich nur. Wer zum Beispiel ohnehin schon länger findet, dass der AfD-Opa Gauland auf einer unbemannten Bohrinsel ausgesetzt gehört, der wird durch dessen öffentliche Auftritte nur darin bestärkt. Und wer schon seit Jahren den Eindruck hat, dass die Grünen sich sanft in die Bedeutungslosigkeit schnarchen, der wird auch nicht davon wachgerüttelt, dass Cem Özdemir jüngst gegen den Abbau von Braunkohle demonstriert hat. Das ist folkloretechnisch ungefähr so originell wie das Dirigat des bayerischen Ministerpräsidenten beim Blasorchester von Oberviechtach.
Die FDP tritt mit einem jungen Mann an, der sehr gut aussieht und dessen Programm darin besteht, sehr gut auszusehen. Eigentlich ist er so etwas Ähnliches wie der Bachelor. Nur in Schwarzweiß. Das ist politisch zwar ein bisschen wenig, aber die Erwartungen an die FDP sind auch nicht hoch. Und es wird vielleicht reichen für das Amt des Außenministers. Die Linke kandidiert mit Ernie und Bert, nein: Cindy und Bert. Oder mit Sahra und Dietmar. Weiß nicht mehr, auf jeden Fall stellen sie für niemanden eine ernsthafte Gefahr da, am wenigsten für die Bundeskanzlerin.
Aber warum ist das so? Ganz einfach: Die sind doch alle nicht doof. Wer auch immer sich jemals mit der Kanzlerin angelegt hat, musste erleben, wie sie plötzlich auf eine Körpergröße von sechs Metern anschwoll und sehr lange Zähne bekam. Die von ihr weggebissenen Opfer ist lang. Manche sind auch völlig verschwunden. Peer Steinbrück zum Beispiel. Oder – wie hieß der noch – Dings-Walter Steinmeier. Was ist eigentlich aus dem geworden?
Dieselbe Frage gilt für die Mitglieder des so genannten Andenpaktes. Das war ein Männerclub, dem vielversprechende politische Talente der CDU angehörten, nämlich unter anderem Roland Koch, Friedrich Merz, Christian Wulff, Franz Josef Jung und Matthias Wissmann. Niemand mehr da. Altkanzler Kohl wurde von ihr ebenso abserviert wie die nach Belgien abgeschobenen Edmund „Aktenmappe“ Stoiber und Günther „Dictionary“ Oettinger. Ebenfalls erlegt von der Tatze der Kanzlerin: Die frühere Volkspartei SPD, die ohne es zu merken einfach in die CDU integriert wurde. Warum sollte man sich also die Mühe machen, gegen diese Frau ernsthaft in den Wahlkampf zu ziehen?
Im Grunde gibt es nur drei Personen, die Merkels Macht brechen und einen Sieg gegen die Kanzlerin einfahren könnten: Günther Jauch, Uwe Seeler und die Biene Maja. Aber alle drei treten nicht an. Beim nächsten Mal vielleicht. Sonst geht das ewig so weiter.