Antonio im Wunderland

Die Fortsetzung von „Maria, ihm schmeckt’s nicht.“ Im Vergleich zum ersten Buch ist „Antonio im Wunderland“ viel besser gebaut. Der Roman besitzt eine Dramaturgie, die Figuren entwickeln sich, die Geschichte ist stringenter und kommt zu einem richtigen Schluss. Ich hatte für das zweite Buch aber auch deutlich mehr Zeit.
Die Entscheidung, noch einen zweiten Teil zu schreiben, fiel schon unmittelbar nach Beendigung von „Maria, ihm schmeckt’s nicht.“ Die Geschichte schien mir noch nicht zu Ende zu sein, wesentliche Aspekte fehlten noch. Meine Frau bat zum Beispiel darum, auch die Konflikte in so einer Migrantenfamilie zu schildern. Schließlich ist es nicht ganz einfach, als in Deutschland geborenes Gastarbeiterkind aufzuwachsen. Und das nicht nur wegen der Umwelt, sondern eben auch wegen dieses Gastarbeiters.

Mit diesem zweiten Teil habe ich den Verlag gewechselt. Das hing damit zusammen, dass meine Lektorin von Ullstein zu Rowohlt ging. „Antonio im Wunderland“ hatte übrigens wie schon „Maria“ zunächst einen anderen Arbeitstitel. Das Buch sollte ursprünglich „Antonios Welt“ heißen, aber der neue Verlag fand, dass dies zu Verwechslungen mit „Antonias Welt“ hätte führen können.
Die drei am häufigsten gestellten Fragen zu diesem zweiten Teil: 1. Haben Sie in New York wirklich Robert De Niro getroffen? Antwort: Nein. Das ist ein Roman, alles ist erfunden. Allerdings war ich zu Recherchezwecken tatsächlich mit meinem Schwiegervater in New York. 2. Was ist in Benno Tiggelkamps Koffer? Antwort: Das verrate ich nicht. Sie müssen sich mit Ihrer eigenen Fantasie behelfen. 3. Wird es einen dritten Teil geben? Antwort: Nein. Antonios Geschichte ist wohl auserzählt. Allerdings lebt er in den Kolumnen „Mein Leben als Mensch“ weiter, wo er regelmäßig auftaucht. Und Benno Tiggelkamp spielt eine Hauptrolle in „Drachensaat.“

Die Bildchen auf dem Cover stammen wie schon beim ersten Teil von der Münchner Illustratorin Sylvia Neuner. Sie hatte schon die ganz frühe Erzählung im SZ-Magazin illustriert und das gefiel dem Verlag und mir so gut, dass wir sie baten, das Cover von „Maria, ihm schmeckt’s nicht“ zu zeichnen. Beim zweiten Teil war es nur folgerichtig, dass Sylvia weitere Motive entwarf, um das Thema des Buches – eine Reise nach New York – auf dem Buchtitel darzustellen.
Der Erfolg der beiden Bücher hat im Buchmarkt zu einer Art Subgenre geführt, nämlich dem Erfahrungsbericht vom Leben (und manchmal auch Heiraten) in einer anderen Kultur. Es gibt inzwischen Bücher über Deutsche in der Türkei und in London und in Rom und in Griechenland und zwischen Iren und über Londoner in Deutschland sowie über den Bau von Ferienhäusern in allen möglichen Gegenden der Welt. In der Regel sind diese Bücher alle auf dieselbe Art gestaltet, nämlich mithilfe kleiner gezeichneter Vignetten, die mal mehr, mal weniger so aussehen wie Sylvias Grafiken. Manchmal wurde ich in den letzten Jahren gefragt, ob es mich stört, dass so viele Bücher mit diesen Inhalten und in dieser Aufmachung erscheinen. Und die Antwort ist: Nein. Stört mich nicht die Bohne. Ich freue mich für jeden, der mit seiner Arbeit seine Miete zahlen kann.

Die FAZ bezeichnete den Roman übrigens als „neue deutsche Heimatliteratur“ und meinte das positiv. Ich habe darüber vorher nie nachgedacht, kann dieser Beurteilung aber durchaus etwas abgewinnen.

Wie schon „Maria, ihm schmeckt’s nicht“ wurde auch „Antonio im Wunderland“ verfilmt. Das war jedoch eine außerordentlich bizarre Erfahrung. Daniel Speck und ich schrieben wieder ein Drehbuch, aber diesmal stieg der Verleih früh aus und der Produzent musste einen neuen finden. Und der neue Verleih wollte dann ständig beim Drehbuch mitreden. Der Regisseur, den Daniel und ich uns gewünscht hatten, verließ das Projekt und wurde durch einen ersetzt, der ebenfalls schnell wieder ging. Schließlich führte jemand Regie, der den Ursprungsroman nie gelesen hatte und sich auch nicht die Bohne dafür interessierte. Das war der Moment, wo ich freundlich winkend ebenfalls ging. Ich habe dann über den Verlag durchgesetzt, dass der Film nicht „Antonio im Wunderland“ heißen durfte. Auch durfte mein Name nicht im Zusammenhang mit dem Film genannt werden. Ich wollte dieses krude Machwerk auch gar nicht sehen, aber der Produzent lud Daniel und mich dann zu einer Privatvorführung auf dem Studiogelände ein. Um es kurz zu machen: Der Film ist furchtbar. An keiner Stelle lustig. Wirklich schrecklich. Und er hat nicht das Geringste mit meinem Roman zu tun. Da kann auch Christian Ulmen nichts ausrichten, der seinen Part gut spielt wie immer. Aber gegen diese plumpe Inszenierung und gegen ein Drehbuch, dass der Regisseur so lange umschrieb, bis auch der letzte Witz endlich draußen war, kann man als Schauspieler nicht bestehen. Der Film startete im August 2016 und so viel ich weiß, haben ihn keine 30 000 Menschen gesehen. Es ist einer der größten Flops der neueren deutschen Filmgeschichte und ich bin darüber ziemlich froh, denn so blieb der Schaden für mein Buch gering. Natürlich bin ich rückblickend ein wenig traurig, denn das gute Buch hätte einen guten Film verdient gehabt.

Auch erhältlich als E-Book und als CD-Lesung.

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