Kühn hat Ärger

Wie lange braucht man, um einen 400 Seiten starken Roman vorzulesen? Wenn man dranbleibt und sich kein einziges Mal verspricht: Elf Stunden und dreizehn Minuten.
So lange dauert diese CD und ja, es ist nur eine, denn der Hörverlag hat sich dazu entschieden, den zweiten Roman von Martin Kühn nicht mehr in einer Pappschachtel mit zehn Audio-CDs zu veröffentlichen, sondern als MP3-CD. Da passt der ganze Kühn auf einen Datenträger. Ich finde das ja immer noch befremdlich, denn ich kenne nur diese Boxen, deren Einzel-CDs dann monatelang im Auto rumfliegen. Eine wird überhaupt erst wieder aufgefunden, wenn man das Auto verkauft hat und der neue Besitzer anruft, weil er ein Panini-Bildchen und Kaugummis und eine CD unter dem Beifahrersitz entdeckt hat. Egal. Jedenfalls ist das nur eine CD aber mit Allem drauf, worum es in „Kühn hat Ärger“ geht. Dafür kostet das ganze Ding im schicken Digipack aber auch nur noch zwölffuffzich. Wir müssen verrückt sein!

Das Buch wurde im November 2017 aufgenommen und damals war es noch gar nicht ganz fertig. Am Schluss der Printfassung habe ich gleichzeitig noch gebastelt und in den Kapiteln gab es noch einzelne Sätze, die später im Buch anders lauteten als im Manuskript der Audiofassung. Wer wirklich Spaß daran hat, kann ja mal Buch und CD vergleichen. Aber es sind Kleinigkeiten, Ehrenwort!
Natürlich kann man übrigens so eine CD nicht in einem Rutsch einlesen. Profis brauchen dafür ungefähr vier Arbeitstage, denn tatsächlich ist man vor dem Mikrophon nicht in jeder Situation auf die gleiche Weise präsent. Manchmal ist die Nase ein bisschen zu. Oder man wird heiser. Oder hat zu wenig Spucke im Mund. Oder zu viel. Oder die Konzentration lässt nach. Oder man raschelt beim Umblättern. Also muss man zwischendurch Pausen machen, den Hund der Regisseurin Angela Kübrich streicheln oder herumalbern mit Renate Schönbeck. Renate ist seit meiner zweiten CD, also seit zwölf Jahren meine Hörverlags-Producerin und wir sind sehr glücklich miteinander beruflich verheiratet. „Kühn hat Ärger“ ist unsere 26. gemeinsame CD-Produktion!
Eins nervt übrigens an „Kühn hat Ärger“. Mich jedenfalls. Bei der Produktion des ersten Teils dachten wir uns den Kunstgriff aus, dem Kollegen Thomas Steierer so einen ganz leicht wienerischen Klang zu geben, damit man besser unterscheiden kann, wer gerade spricht, wenn er mit Kühn im Dialog ist. Sonst fliegt man bei Hören aus der Kurve und weiß nicht mehr genau, wer gerade was gesagt hat. Und dieser leicht wienerische Klang ist schwer herzustellen, wenn man wie ich kein wienerisch kann. Steierer spricht also eher so, wie ich mir wienerisch vorstelle. Das ist sehr lästig beim Aufnehmen und man zieht sich schlechte Kritiken aus Österreich zu. Ich habe das also hier im zweiten Teil stark zurück genommen, es ist jetzt nur noch der Hauch einer undefinierbaren aber irgendwie alpenländischen Mundart.
Am Ende habe ich nur dreieinhalb Arbeitstage für „Kühn hat Ärger“ gebraucht und bekam viel Lob für mein ultraprofessionelles Lesen.

Technik: Christian Zahler. Aufgenommen wurde wie seit Jahren bei Plan 1 in München. Auch erhältlich als Audio Download.

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